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Wann ist Verhinderungspflege steuerpflichtig?

© pixabay.com/geralt

Die Frage nach der Steuerpflicht bei der Übernahme von Verhinderungspflege wird in der Pflegeberatung regelmäßig gestellt.

Grob gesagt gilt für Einkünfte, dass sie immer steuerpflichtig sind, es sei denn, sie sind vom Gesetzgeber als steuerfrei deklariert worden. Zudem gibt es Einnahmen, die steuerfrei sind, weil ihre Höhe einer Freigrenze entspricht.
Die genauen Vorschriften zur Steuerbefreiung können Sie in den §§ 3, 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) nachlesen.

Sind Sie von der Steuerpflicht insgesamt oder teilweise befreit, sind für Sie auch die Einnahmen aus der Verhinderungspflege steuerfrei.
Aber Vorsicht, diese Steuerbefreiung dürfen Sie nicht mit der Steuerfreigrenze verwechseln.

Der steuerliche Grundfreibetrag

Für jeden Bürger gibt es bei der Einkommenssteuer einen Grundfreibetrag. Das heißt, Alleinstehende, deren steuerpflichtiges Einkommen 9.984 Euro (im Jahr 2022) nicht übersteigt, müssen keine Einkommenssteuer zahlen.
Der Grundfreibetrag betrifft alle Einnahmen. Deshalb müssen Sie Zahlungen für die Verhinderungspflege zu Ihren sonstigen Einnahmen (Arbeitslohn, Mieteinnahmen usw.) hinzurechnen.
Wenn Sie für die Verhinderungspflege Zahlungen erhalten, müssen Sie diese Einnahme versteuern. Nur in Ausnahmefällen fällt auf das Geld keine Einkommenssteuer an.

Wann Verhinderungspflege steuerfrei ist

Wann Verhinderungspflege steuerfrei ist, ist in § 3 EStG unter dem Punkt 36 geregelt. Dabei müssen Sie beachten, dass die Definition des Begriffs „Angehöriger“ im Steuerrecht (§ 15 AO) und in der Pflegeversicherung (§ 39 SGB XI) unterschiedlich ist.
Laut Einkommenssteuergesetz müssen Angehörige bis zum 3. Grad das Einkommen aus der Verhinderungspflege nicht versteuern.

Darüber hinaus können Angehörige ab dem 4. Grad oder Personen, die mit dem Pflegebedürftigen nicht verwandt oder verschwägert sind und nicht im selben Haushalt mit ihm leben, auch befreit sein, auf die Einnahmen aus der Verhinderungspflege oder das Pflegegeld Steuern zahlen zu müssen.
Dies ist dann der Fall, wenn aus steuerrechtlicher Sicht eine „sittliche und moralische Pflicht“ besteht, die Hilfe zu leisten.

Wann eine sittlich moralische Pflicht zur Pflege besteht

Es geht hier nicht um die gesellschaftliche Sichtweise. Maßgeblich ist die Sicht der Steuerbehörde.
Für das Finanzamt besteht eine „sittliche und / oder moralische Pflicht“, wenn Sie als Pflegeperson mit dem Pflegebedürftigen in einer engen Beziehung stehen. Diese „enge Beziehung“ müssen Sie dem Finanzamt nachweisen. Das könnte bspw. der Fall sein, wenn Sie verlobt sind, langjährige LebengefährtInnen oder beste FreundInnen. Letztlich entscheidet die Steuerbehörde, ob eine sittliche Verpflichtung besteht und nicht Sie!

Eine weitere Regelung im Einkommenssteuergesetz lautet, dass die „Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI steuerfrei, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden“. Daraus folgt, dass kein unbegrenzter, sondern ein auf die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckelter Freibetrag besteht. Das heißt, nach den Regelungen des § 3 Nr. 36 EStG ist ein Betrag, der die jährliche Summe des Pflegegeldes (bei Pflegegrad 2 sind das z. B. 316 Euro x 12 Monate = 3.792 Euro/Jahr) übersteigt, auch bei einer sittlichen Verpflichtung steuerpflichtig ist.

Fazit: Die Einnahmen aus der Verhinderungspflege sind nur dann steuerfrei, wenn,

  1. die Ersatzpflegeperson bis zum 3. Grad mit dem Pflegebedürftigen verwandt ist (und deshalb von der Steuerbehörde eine sittliche Pflicht unterstellt wird),
    oder
  2. eine Verwandtschaft ab dem 4. Grad besteht bzw. es um eine nahestehende Person geht, die zur Hilfeleistung sittlich verpflichtet ist.

Es reicht nicht aus, diese sittliche Verpflichtung zu „behaupten“. Sie muss dem Finanzamt nachgewiesen werden.
Glauben Sie deshalb nicht den Behauptungen im Internet, dass Sie die sittliche Pflicht nur angeben müssten. Denn im Zweifelsfall müssen Sie diese Verpflichtung gegenüber Ihrem Finanzamt ausführlich begründen (können).

Bezüglich der „sittlichen Pflicht“ gibte es ein Urteil des Bundesfinanzhofes: BFH-Urteil vom 29.08.1996 – III R/95

Hinweis: Dieser Beitrag soll Ihnen einen kleinen Einblick in die Komplexität des Themas geben und erfüllt nicht den Anspruch auf rechtliche Korrektheit. Deshalb kann für die Richtigkeit und Vollständigkeit der hier gegebenen Informationen keine Gewähr übernommen werden.

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