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GPS-Uhr muss von der Kasse übernommen werden

In vielen Fällen wird die Kostenübernahme für GPS-Uhren als Hilfsmittel von den Krankenkassen aber abgelehnt. Jetzt gibt es ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), das Klarheit bringt, wann die Kasse die Kosten übernehmen muss.
Die Krankenkasse versorgt ihre Versicherten mit Hilfsmitteln, wenn diese den Erfolg der Behandlung sichern, eine drohende Behinderung vorbeugen oder eine Behinderung ausgleichen. Gleicht das Hilfsmittel eine Behinderung aus, gilt dies für das gesamt tägliche Leben.

Das Argument Hilfsmittelverzeichnis

Oftmals berufen sich die Kassen bei ihrer (Nicht-)Genehmigungspraxis auf das Hilfsmittelverzeichnis. Dadurch kommt es oft vor, dass neue Produkte mit der Begründung, sie seien in diesem Verzeichnis nicht gelistet, abgelehnt werden. Obwohl seitens der Gerichte schon mehrfach festgestellt wurde, dass das Hilfsmittelverzeichnis nicht abschließend ist.

Bei dem verhandelten Fall war es so, dass ein junger Mann mit geistigen Einschränkungen oft weglief und dann orientierungslos war. Deshalb hat die Angehörige ihn ständig überwacht oder eingeschlossen. Um diese für beide Seiten haltlose Situation zu ändern, verordnete der Hausarzt eine GPS-Notfalluhr, die Alarm schlägt, wenn der Mann einen festgelegten Aufenthaltsbereich verlässt. Damit das Tragen der Uhr sichergestellt ist, ist deren Armband so gestaltet, das der Träger es nicht von seinem Handgelenk entfernen kann.

Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme für die Notfall-Uhr mit der Begründung ab, dass die Weglauftendenz mit oder ohne Uhr bestehe. Damit stelle die Uhr keinen Behinderungsausgleich dar. Aus Sicht der Kasse solle mit der Uhr nur die Betreuung erleichtert werden.

Klage durch alle Instanzen

Die Klage vor dem Sozialgericht scheiterte. Aber das Landessozialgericht urteilte, dass die Uhr ein Hilfsmittel sei, da durch sie ein mittelbarer Behinderungsausgleich erfolge.
Das Bundessozialgericht (BSG) entschied am Ende ebenfalls, dass die GPS-Uhr unter bestimmten Voraussetzungen als Hilfsmittel erstattet werden muss.

Die GPS-Uhr mildere die Folgen der geistigen Einschränkungen und ermögliche dem Träger so Mobilität und Bewegungsfreiheit. Dadurch verringere sich die bestehende Isolation und die Freiheitsentziehung durch „Wegsperren“. Die GPS-Uhr sei vom Hersteller speziell für Menschen mit eingeschränkter Orientierungsfähigkeit entwickelt worden und könne vom Träger nicht eigenständig entfernt werden. Daher sei sie kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und als Hilfsmittel nicht ausgeschlossen.

Auswirkungen der Behinderung werden gemindert

Die GPS-Uhr mindere die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben. Das Gehen gehöre, wie diverse andere Aktivitäten, etwa das Erschließen eines körperlichen und geistigen Freiraumes zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Dazu gehört, die Wohnung verlassen zu können, um an die frische Luft zu kommen oder in der Nähe Alltagsgeschäfte zu erledigen. Daher trage die GPS-Uhr zu einem Behindertenausgleich bei. Sie führe zu mehr Selbstständigkeit und Mobilität im Nahbereich der Wohnung. Dies sei als Grundbedürfnis anzuerkennen.

Die Uhr vergrößere die Freiheit, sich an selbst gewählten Orten in einem selbst gewählten Bereich ohne Selbstgefährdung aufzuhalten. Kein anderes Hilfsmittel könne eine entsprechende Selbstbestimmung ermöglichen.
Grundsätzlich kann die Kasse die GPS-Uhr nur leihweise zur Verfügung stellen.

Mit diesem Urteil hat das BSG die Auffassung gestärkt, dass die Versorgung mit Hilfsmitteln durch die Krankenkasse nicht auf eine Minimalversorgung beschränkt ist.

Hinweis: Sie finden das Urteil unter dem AZ: B 3 KR 15/19 R

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