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Sozialgericht Lübeck konkretisiert Voraussetzungen für den Anerkennungsbetrag nach § 87 a Abs. 4 SGB XI

© pixabay.com/geralt

Wenn der Pflegegrad einer Pflegebedürftigen in einer Pflegeeinrichtung aufgrund besonderer Aktivierungsmaßnahmen niedriger wird, hat die Einrichtung gemäß § 87 a Abs. 4 SGB XI einen Anspruch auf einen Anerkennungsbetrag in Höhe von einmalig 2.952 €, der von der Pflegekasse ausgezahlt werden muss.

Voraussetzung ist, dass in der Einrichtung „überobligatorische Anstrengungen“ unternommen wurden, um die Bewohner:in zu aktivieren. Im Saarland hat nun eine Einrichtung gegen die Pflegekasse, die die Auszahlung des Betrages verweigerte, geklagt.
Strittig war, ob die Anstrengungen der Einrichtung tatsächlich über das übliche Maß hinaus gingen und ob die Maßnahmen und nicht die Medikamente für die Verbesserung der Selbstständigkeit und Fähigkeiten des Bewohners verantwortlich waren. Die Kasse verlangte von der Einrichtung eine Dokumentation der Leistungen, die zu der Verbesserung (Herabstufung des Pflegegrades von 3 auf 2) geführt hatten.

Eine solche Dokumentation konnte die Einrichtung nicht vorlegen. Das Heim hatte dem Bewohner jedoch ein auf seine Biografie ausgerichtetes, spezielles Angebot, die Einrichtung und Bepflanzung eines Hochbeetes, gemacht.  Zudem wurde der depressive und antriebslose Bewohner motiviert, an dem Angebot auch teilzunehmen. Das Gericht sprach dem Heim daher den Anerkennungsbetrag zu.

Das Gericht führte aus, welche Voraussetzungen für den Anspruch auf den Anerkennungsbetrag erfüllt sein müssen:

Wenn das Heim ein spezielles Angebot gemacht hat, dass der Betroffene regelmäßig genutzt hat, greift die Vermutung ein, dass diese überobligatorischen Anstrengungen zur Herabstufung beigetragen haben. Auch eine quantitative Ausweitung der aktivierenden Pflege kann im Einzelfall ausreichen, wie z. B. ein in der Dauer ausgeweitetes begleitetes Rollator-Gehtraining zur Förderung des Ziels des späteren eigenständigen Gehens mit dem Rollator. Einen Nachweis der Kausalität der durchgeführten überobligatorischen Maßnahmen verlangt die Vorschrift ausdrücklich nicht.
Neben den aktivierenden Maßnahmen stehen in § 87 a Abs. 4 Satz 1 SGB XI gleichrangig und alternativ die rehabilitativen Maßnahmen. Es muss davon ausgegangen werden, dass auch alle Maßnahmen der Rehabilitation unabhängig von der Kostenträgerschaft in den Tatbestand des § 87 a Absatz 4 SGB XI einzubeziehen sind, solange sie ambulant und im Pflegeheim durchgeführt werden und dem Pflegepersonal eine Veranlasser- und Begleitfunktion zukommt.
Zwar sind die Durchführung der aktivierenden rehabilitativen Maßnahmen und die erfolgte Teilnahme des Pflegebedürftigen zu dokumentieren. Dem Anliegen des Gesetzgebers, den Nachweis der Voraussetzungen des § 87 a Abs. 4 Satz 1 SGB XI nicht zu bürokratisch auszugestalten, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Anforderungen an die Dokumentation der aktivierenden oder rehabilitierenden Maßnahmen nicht zu hoch angesetzt werden. Es reicht regelmäßig aus, so das BSG 2015, wenn das Heim sein Angebot in dieser Hinsicht darstellt und belegt, dass der Betroffene von diesem Angebot mehr als nur ganz beiläufig  Gebrauch gemacht hat. Eine Pflicht zur Dokumentation der im Einzelnen durchgeführten aktivierenden oder rehabilitativen Maßnahmen würde den Gesetzeszweck konterkarieren. Denn dies würde letztlich dazu führen, dass weniger Zeit für die Durchführung der Maßnahme selbst zur Verfügung stände.

Tipp: Das Urteil des SG Lübeck ist vom 25.04.2022 und hat das AZ: 10 O 238/20.

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